Gesprächs- und Focusing-Therapie
nach Carl Rogers (1902-1987) und Dr. Eugene Gendlin (1926 – 2017)
Carl Rogers war der erste Psychotherapeut des 20. Jhd., der das „innere Erleben“ seiner Klienten in den Mittelpunkt seiner psychotherapeutischen Arbeit gestellt hat. Seine große Lebensleistung war die Entwicklung der Klientenzentrierten Psychotherapie, welche die Basis der heutigen Gesprächstherapie bildet.
Rogers formulierte drei Grundhaltungen für jeden „erfolgreichen“ Therapeuten – Kongruenz, Akzeptanz und Empathie – die Wirksamkeit dieser therapeutischen Haltung wurde durch neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse in den letzten Jahren bestätigt.
Dr. Eugene Gendlin, Professor für Psychologie und Nachfolger Rogers an der Universität Chicago, entwickelte den Klientenzentrierten Ansatz Rogers im Rahmen von Forschungsarbeiten zur Wirksamkeit von Psychotherapie weiter.
Seine neue Methode „Focusing“ (lat. focus „Mittelpunkt, Brennpunkt“) ist eine humanistische Psychotherapie-Methode, die körper-, erlebens-, beziehungs- und prozessorientiert ist. Sie ist empirisch überprüft, klinisch erprobt und wird seit Jahrzehnten von vielen Fachleuten weltweit erfolgreich angewandt.
Focusing ist ein achtsamer Dialog mit dem Körper
In einer Focusing-Sitzung verschaffen wir uns zunächst genügend inneren Freiraum um in einer annehmenden und absichtslosen Haltung offen sein zu können für alles was sich im Zusammenhang mit einem Problem an Empfindungen und Gefühlen zeigen möchte. Wir nehmen alles was auftaucht wahr, doch wir identifizieren uns nicht mit unseren Empfindungen und Emotionen.
Der Bodylevel auf dem Focusing arbeitet ist tiefer als die Gefühle
Der Kernprozess des Focusing wendet sich an etwas, das unter den Gefühlen liegt, etwas was im aktuellen Moment da ist, aber noch unklar und vage ist.
Dieses Unklare, von dem wir noch nicht wissen was es ist, nennen wir im Focusing „Felt Sense“. Er ist die innere, körperlich gespürte Resonanz auf unser Problem und bildet und formt sich ganz frisch während wir achtsam in unseren Körper spüren.
Ein Felt Sense ist die körperliche Empfindung eines Problems, einer Sorge oder einer bestimmten Situation. Er ist ein Körpergefühl mit einer Bedeutung dahinter. Eugene Gendlin, „Focusing“, S. 92
Die unklaren körperlichen Empfindungen des Felt Sense versuchen wir im Focusing-Prozess in passende Worte, Sätze, Gesten, Geräusche oder Bilder zu fassen. Dabei ist es wichtig, ohne Druck und Erwartungen, Schritt für Schritt zu erspüren, welche Beschreibung wirklich stimmig ist.
Wurde ein Felt Sense letztendlich mit „verkrampft“ beschrieben, dann können wir ihm z.B. die Frage stellen „Was an diesem Problem ist es denn, was mich so verkrampft sein lässt.“ Es geht dabei nicht um rasche Verstandes-Antworten wie „ich fühle mich so verkrampft weil meine Mutter oder mein Vater in ähnlichen Situationen immer…“ Diese Antworten bringen uns nicht weiter, sondern lassen uns im Altbekannten feststecken.
Die Impulse und Antworten, die tief im Körpergewahrsein zu finden sind bzw. aus ihm heraus entstehen, sind im Gegensatz dazu immer vorwärtsgerichtet und zielen auf „Schritte machen“ und „frische Lösungen“ ab.
Die Antworten auf unsere Probleme kommen in der Focusingtherapie also nicht aus dem Kopf, sondern aus dem Körperbewusstsein. Sie entstehen ganz frisch im gegenwärtigen Moment und werden oft in Form eines „Shifts“, einer inneren, körperlich spürbaren Veränderung erlebt, die oft auch als Erleichterung wahrgenommen wird.
Ein Veränderungs- bzw. Entwicklunsgschritt geschieht im Focusing also in dem Moment, in dem die tiefere Bedeutung eines Körpergefühls ganzheitlich verstanden wird. Dieses intuitive ganzheitliche Verstehen führt zu frischen und manchmal auch überraschenden neuen Handlungsschritten.